„Wir haben die Besicherung zugunsten unserer Anleihegläubiger genau analog zu der der KfW DEG gestaltet“, Frank Hummel, SOWITEC group GmbH

Die SOWITEC group GmbH emittiert eine Unternehmensanleihe mit einem Volumen von bis zu 15 Mio. Euro, einer Laufzeit von 5 Jahren und einem Kupon von 6,75%. Die Mittel aus der Anleiheemission sollen insbesondere dafür verwendet werden, die umfangreiche Projektpipeline zu realisieren und die Wertschöpfungskette zu erweitern, wie Geschäftsführer Frank Hummel im Gespräch mit GREEN BONDS erläutert.

GREEN BONDS:
Bitte erläutern Sie Ihr Geschäftsmodell.

Hummel: SOWITEC ist einer der führenden, internationalen Projektentwickler im Bereich Erneuerbare Energien. Wir entwickeln weltweit große Wind- und Solarparks mit Schwerpunkt in Schwellen- und Entwicklungsländern.

GREEN BONDS: In welchen Ländern sind Sie aktiv?

Hummel: Unser Schwerpunkt liegt in Lateinamerika, wo wir seit 14 Jahren in mittlerweile sieben Ländern aktiv sind – und zwar in Brasilien, Argentinien, Uruguay, Chile, Peru, Kolumbien und Mexiko. Wir sind aber auch in anderen Regionen tätig, wie zum Beispiel in Russland und Kasachstan. In Saudi-Arabien haben wir ein Joint-Venture. Seit zwei Jahren sind wir auch in Thailand, Vietnam und Kenia präsent. In Deutschland entwickeln wir in kleinerem Maßstab Projekte.

GREEN BONDS: Die Mehrzahl der von Ihnen genannten Länder sind sehr sonnenreich.

Hummel: Ja, das ist der Vorteil der von uns adressierten Länder. Sie haben mit die höchsten Sonneneinstrahlungen und Windgeschwindigkeiten weltweit. Das Potenzial für Erneuerbare Energien ist dort sehr groß. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass große Flächen vorhanden sind, wo man sich als Projektentwickler „austoben“ kann. In diesen Regionen gibt es bei Projektentwicklungen nicht so große Widerstände wie beispielswiese in Deutschland – ganz im Gegenteil: Man ist froh, dass solche Projekte vor Ort realisiert werden.

GREEN BONDS: Wie sind die Rahmenbedingungen für Erneuerbare Energien in diesen Ländern?

Hummel: In all diesen Ländern wurden in den letzten Jahren attraktive Rahmenbedingungen etabliert, vorwiegend in Form von Auktionssystemen. Das bedeutet, es wird Erzeugungskapazität versteigert und man kann an der Auktion teilnehmen. Der günstigste Anbieter gewinnt die Auktion. Das System ist in den meisten Ländern ähnlich wie das, das vor zwei Jahren in Deutschland eingeführt wurde. Es gibt nur noch weniger Länder, die einen festen Stromeinspeisetarif haben, wie Vietnam oder Thailand. Zunehmend werden auch Stromlieferverträge direkt mit großen Industrieunternehmen abgeschlossen, da man in diesen Ländern Strom aus Erneuerbaren Energien konkurrenzfähig anbietet. Zudem gibt es in einigen Ländern, wie zum Beispiel Argentinien und Mexiko, gesetzliche Vorgaben, dass Industrieunternehmen einen gewissen Anteil ihres Strombedarfs aus Erneuerbaren Energien decken müssen.

GREEN BONDS: Wie groß ist Ihre Pipeline und wie definieren Sie die Pipeline?

Hummel: Wir sind seit 24 Jahren erfolgreich am Markt aktiv und haben in dieser Zeit bereits 57 Projekte mit über 2.700 Megawatt realisiert. Aktuell haben wir weltweit eine der größten Projektpipelines und das diversifiziert in verschiedenen Märkten. „Projekte“ definieren wir so, dass wir bereits Messungen durchgeführt und Land gesichert haben. Es sind also immer Projekte, die auch tatsächlich bereits in der Entwicklung sind. Wir entwickeln derzeit über 200 Wind- und Solarprojekte mit einer Leistung von 27.400 Megawatt. Wenn alle Projekte zu Ende gebaut werden, entspricht dies einem Investitionsvolumen von 30 Mrd. Euro.

GREEN BONDS: Die 30 Mrd. Euro investieren aber nicht Sie.

Hummel: Nein, das machen die Investoren, welche die Projekte von uns kaufen, realisieren und betreiben.

GREEN BONDS: Und wie weit entwickeln Sie die Projekte?

Hummel: Wir suchen die Standorte, sprechen mit den Landeigentümern und Kommunen und sichern das Land. Anschließend kümmern wir uns um das Genehmigungs- und Netzanschlussverfahren und verkaufen dann die baureifen Projekte an Investoren.

GREEN BONDS: Wer sind beispielsweise die Investoren?

Hummel: Das sind häufig die großen Energieversorger, wie EDF oder ENEL. Und die betreiben die Projekte dann üblicherweise auch. Das ist ihr Kerngeschäft.

GREEN BONDS: Gehören auch Finanzinvestoren zu den Käufern?

Hummel: Wir sprechen mit über 200 Investoren. Häufig verkaufen wir an die großen Energieversorger, wir haben aber auch schon an Finanzinvestoren oder Banken veräußert, wie zum Beispiel an die Banco Santander in Mexiko. Die Investoren erwerben die Projekte, bevor ein Stromliefervertrag abgeschlossen ist. Sie gehen also selbst in die Auktion oder schließen Stromlieferverträge mit Industrieunternehmen ab. Das ist auch ein Grund für die Anleiheemission. Wir wollen den nächsten Schritt in der Wertschöpfung auch mitnehmen und selbst an Auktionen teilnehmen oder Stromlieferverträge abschließen. Bei der Teilnahme an Auktionen müssen aber hohe Garantien gestellt werden. Wenn wir diesen Schritt in der Wertschöpfung noch mitnehmen, können wir die Projekte zum dreifachen Preis verkaufen. Wir wissen, wie es geht, verfügen über die entsprechenden Inhousekompetenzen und haben dies auch schon einige Male erfolgreich umgesetzt.

GREEN BONDS: Müssen Sie immer neue Projekte suchen/planen oder ist das Geschäft auch teilweise revolvierend?

Hummel: Nein, das Geschäft ist nicht revolvierend. Man muss jedes Projekt auf der grünen Wiese neu beginnen.

GREEN BONDS: Gibt es auch Projekte, die floppen? In welcher Phase ist das der Fall und was kostet ein „Flop“?

Hummel: Natürlich gibt es auch Projekte, die floppen. Flops passieren in der Regel in der Anfangsphase von Projekten, also in den ersten 6 bis 12 Monaten. Das geschieht beispielsweise bei Verhandlungen mit Behörden oder Landeigentümern, wenn wir zum Beispiel feststellen, dass bestimmte Restriktionen die Genehmigungsfähigkeit eines Projektes in Frage stellen oder der Abschluss von Pachtverträgen durch zu hohe Forderungen der Landeigentümer nicht zustande kommt. In diesem Zeitraum haben wir dann üblicherweise nur einen fünfstelligen Betrag investiert, ca. 20.000 Euro bis 30.000 Euro. Wenn Windmessungen über mehrere Monate zu einem negativen Ergebnis führen, kann es auch passieren, dass 100.000 Euro oder 200.000 Euro abgeschrieben werden müssen. Das ist hauptsächlich in den Anfangsjahren passiert, als es oftmals noch keine öffentlich zugänglichen Informationen zum Windpotenzial gab. Aber bislang hat jedes Projekt, das bei uns über diese Phase hinausgegangen ist, auch die Genehmigung erhalten. Dies sind derzeit etwa 12.000 Megawatt.

GREEN BONDS: Wie finanzieren Sie die Projekte? Welche Banken finanzieren die Projekte?

Hummel: Wir finanzieren die Projekte derzeit mit Eigenkapital. Ein Windprojekt erfordert bis zur Baureife Investitionen von ca. 1 Mio. Euro, bei Solarprojekten sind es 300 bis 400 Tsd. Euro. Manchmal haben sich auch Investoren in die Projekte eingekauft und wir hatten somit eine Vorfinanzierung. In der Bauphase finanzieren dann im Regelfall Banken die Projekte.

GREEN BONDS: Finanzieren deutsche Banken oder die Banken vor Ort?

Hummel: Wir haben beispielsweise ein 50-Megawatt-Projekt in Uruguay mit der Deutschen Bank finanziert. Aber auch Entwicklungsbanken und die Banken in den jeweiligen Ländern finanzieren unsere Projekte. Auch die DEG, eine Tochtergesellschaft der KfW und unser langjähriger Sponsor, finanziert solche Projekte mit Eigen- oder Fremdkapital.

GREEN BONDS: Wer sind Ihre Gesellschafter und wer sind die stillen Gesellschafter?

Hummel: Ich bin der einzige Gesellschafter der
SOWITEC group GmbH, also der Holding. Wir haben einen stillen Gesellschafter, den italienischen Energieversorger ENEL. Vor einigen Jahren haben wir einen großen Vertrag mit ENEL abgeschlossen, in Zuge dessen ENEL als stiller Gesellschafter eingestiegen ist. Ein Großteil dieses Kapitals ist bereits zurückgeführt – vollständig dann Anfang kommenden Jahres.

GREEN BONDS: Bitte erläutern Sie die aktuelle Geschäftsentwicklung.

Hummel: Die Geschäftsentwicklung ist sehr positiv. Das hat zum einen damit zu tun, dass es in mehr Ländern Auktionsverfahren und Interesse an Projekten gibt. Es besteht dementsprechend auch ein größeres Interesse von Investoren in diese Märkte zu gehen, und davon profitieren wir. Konkret in Zahlen bedeutet dies, dass wir im 1. Halbjahr 2018 den Konzernumsatz deutlich von 5,8 Mio. Euro auf 20,9 Mio. Euro steigern konnten. Das EBIT verbesserte sich dabei von 1,6 Mio. Euro auf 11,4 Mio. Euro, was einer EBIT-Marge von 54,6% entspricht. Der Konzernhalbjahresüberschuss legte von 0,6 Mio. Euro auf 7,8 Mio. Euro zu. Unsere Konzern-Eigenkapitalquote erhöhte sich von 60,1% zum 31. Dezember 2017 auf 69,8% zum 30. Juni 2018.

GREEN BONDS: Wir haben schon November. Bei einem so gut planbaren Geschäft (zumindest in Bezug auf die aktuellen Projekte) können Sie uns sicher auch einen Ausblick auf das Gesamtjahr 2018 und 2019 geben.

Hummel: Wir gehen davon aus, dass wir die positive Geschäftsentwicklung des 1. Halbjahres 2018 auch auf 12-Monatssicht sehen werden. Deshalb rechnen mit einem Konzernumsatz von rund 30 Mio. Euro und einem Bilanzgewinn im niedrigen achtstelligen Bereich.

GREEN BONDS: Weshalb haben Sie sich für eine Anleiheemission entschieden?

Hummel: Ich hatte es ja schon angedeutet: Wir verkaufen die Projekte bislang in einem frühen Stadium, möchten aber künftig in der Wertschöpfungskette weitergehen. Wir wollen selbst an Auktionen teilnehmen und Projekte mit Stromlieferverträgen verkaufen. Dabei müssen wir Bieter- und Performancegarantien stellen. Die Verkaufspreise, die wir für solche Projekte erzielen können, sind dann drei Mal höher als bisher.

GREEN BONDS: Aber wird das Geschäftsmodell dann nicht ein Stück weit riskanter?

Hummel: Nein, das sehe ich nicht so. Denn wir haben dann selbst in der Hand, ob wir bei einer Auktion erfolgreich sind oder nicht. Natürlich kann man argumentieren, dass es mit einem höheren Risiko verbunden ist, wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Strommenge liefern muss. Aber die Erfahrung zeigt, dass mit den fertigen Verträgen viel mehr Käufer für die Projekte in Frage kommen, die genau diese Sicherheit suchen, zum Beispiel Finanzinvestoren. Denn dann besteht praktisch kein Projektentwicklungsrisiko mehr.

GREEN BONDS: Bitte erläutern Sie die Details zur Anleiheemission.

Hummel: Die Anleihe hat ein Volumen von bis zu 15 Mio. Euro bei einem meines Erachtens extrem attraktiven Kupon von 6,75% p. a. Die Stückelung beträgt 1.000 Euro. Wichtig ist, dass die Anleihe besichert ist – je nach Höhe des Emissionsvolumens mit bis zu 38% der Anteile an der SOWITEC operation GmbH. Der Grund hierfür ist ganz einfach: Wir werden seit Jahren von der KfW DEG finanziert und diese hat die Finanzierung in Höhe von 13 Mio. Euro in diesem Jahr um fünf weitere Jahre verlängert. Die KfW DEG erhält als Sicherheit 33% der Anteile der SOWITEC operation GmbH. Wir haben die Besicherung zugunsten unserer Anleihegläubiger genau analog zu der der KfW DEG gestaltet.

GREEN BONDS: Was macht die SOWITEC operation GmbH genau?

Hummel: Unter der SOWITEC operation GmbH hängen alle Projekte und Projektrechte. Es ist die mit Abstand umsatzstärkste Konzerngesellschaft.

GREEN BONDS: Und welche Risiken sehen Sie für die Investoren?

Hummel: Grundsätzlich haben wir die üblichen Risiken eines Projektentwicklers. Sie sehen eine recht typische, volatile Umsatzentwicklung in den vergangenen Jahren. Ich denke aber, dass wir die Geschäftsentwicklung mit den Anleiheerlösen deutlich glätten können, da wir dann selbst vieles in der Hand haben. Zudem haben wir eine Pipeline von fast 5.000 MW mit großen Investoren fest unter Vertrag, die uns bis 2024 ein Umsatzvolumen von rund 145 Mio. Euro bieten kann. Und wir sind in weiteren Verhandlungen mit mindestens dem gleichen Volumen. Ich sehe insgesamt keine hohen Risiken, da wir uns auch auf der Eigenkapitalseite verstärken möchten. SOWITEC wird daher noch besser und stabiler aufgestellt sein als in der Vergangenheit.

GREEN BONDS: Sie sind auch in Ländern aktiv, die politisch und wirtschaftlich nicht ganz stabil sind. Wie gehen Sie mit diesen Risiken um?

Hummel: Mit diesen Risiken gehen wir seit 14 Jahren erfolgreich um. Wir wissen, dass einzelne Märkte auch mal ein oder zwei Jahre nicht funktionieren können. Aber wir haben gesehen, dass diese Märkte nach Krisen immer wieder zurückgekommen sind. Und Erneuerbare Energien sind die günstigste Energiequelle in diesen Ländern. Vor drei Monaten gab es eine Auktion für Windenergie in Brasilien. Der Strom wurde für 23 Cent versteigert. Gleichzeitig gab es eine Auktion für Gaskraftwerke, hier kostete der Strom 48 Cent – also mehr als das Doppelte. Es führt in diesen Ländern kein Weg an Erneuerbaren Energien vorbei, selbst wenn es einen Regierungswechsel gibt, wie zum Beispiel in Brasilien. Wenn man die Stromerzeugungskosten niedrig halten möchte, muss man auf Erneuerbare Energien setzen.

GREEN BONDS: Gibt es nach der Wahl in Brasilien besondere Risiken?

Hummel: Wir gehen davon aus, dass an dem Auktionssystem, das in Brasilien bereits seit 2004 existiert, auch weiter festgehalten wird. Das System hat ja schon einige Regierungen überlebt. Auch die Investoren, mit denen wir dort in engem Kontakt stehen, erwarten keine wesentlichen Änderungen der politischen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich sehen wir in Brasilien derzeit einen deutlichen Trend, direkte Stromlieferverträge mit Industrieunternehmen abzuschließen. Deshalb legen wir einen Schwerpunkt auf Investoren, die bereits über solche Stromlieferverträge verfügen bzw. einen guten Zugang zu diesen Kunden haben. Dieser freie Markt wird in Zukunft stark zunehmen und durch die Politik nicht eingeschränkt werden können. Ergänzend führen wir derzeit mehrere Verhandlungen mit verschiedenen Investoren, die das maßgebliche Projektentwicklungsrisiko übernähmen, also sowohl alle wesentlichen externen Kosten trügen als auch die Dienstleistungen von SOWITEC bezahlen würden. Wir bleiben in unserer grundsätzlichen Einschätzung zur Zukunft des brasilianischen Marktes sehr positiv. Zusätzlich haben wir uns mit diesen Maßnahmen abgesichert, falls es wider Erwarten doch zu einer Eintrübung der Rahmenbedingungen kommen sollte.

GREEN BONDS: Wo sehen Sie SOWITEC am Laufzeitende der Anleihe?

Hummel: Wir sehen uns nicht mehr nur als reiner Projektentwickler, sondern viel stabiler aufgestellt. Wir werden schlüsselfertige Projekte verkaufen können. Möglicherweise werden wir auch ein eigenes Portfolio an Projekten betreiben.

Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.green-bonds.com


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