Wenn die im Pariser Klimaabkommen festgelegten Ziele erreicht und die Auswirkungen des Klimawandels abgemildert werden sollen, müssen alle Sektoren ihre Produktion und ihren Energiebedarf dekarbonisieren. Die Produktion erneuerbarer Energien wird immer wirtschaftlicher, was die Umstellung erschwinglicher und damit auch unvermeidlicher macht. Das bietet beachtliche Wachstumschancen für Unternehmen, die in den Bereichen erneuerbare Energien, Netzausbau und Energiespeicherung tätig sind. Beispiele sind SolarEdge, Landis & Gyr, Siemens Gamesa oder Neste Oil.
Um die Erderwärmung auf 1,5° oder 2°C zu begrenzen, sind Dekarbonisierung, eine verstärkte Deckung des Energiebedarfs durch Strom und Energieeffizienz notwendig. Berechnungen von Aurora Energy Research zufolge muss der Anteil erneuerbarer Energien – oder Atomkraft – im Jahr 2050 bei 80% liegen, wenn die Emissionen netto, inklusive CO2-Speicherung, bei Null liegen sollen. Schon heute stellen erneuerbare Energien bereits über 50% der weltweit neu installierten Energiekapazitäten dar. Der Sektor ist im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich um 8 bis 9% pro Jahr gewachsen. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird 2030 die Hälfte der weltweiten Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen stammen. Im Vergleich zu traditionellen Formen der Energieerzeugung sind Solar- und Windenergie inzwischen in immer mehr Regionen auch ohne Subventionen wettbewerbsfähig.
Allerdings ist gerade Solarenergie ein schwieriges Segment für Aktienanleger, weil der Konkurrenzdruck über weite Strecken der Wertschöpfungskette sehr hoch ist und bisher nur wenige Unternehmen ihre Kapitalkosten dauerhaft decken konnten. Aber auch hier gibt es interessante Titel, wie z.B. SolarEdge, ein Hersteller von Solarstromrichtern.
„SolarEdge hat das Problem des Energieverlusts bei Verschattung auf kostengünstige Weise gelöst“, erläutert Oskar Tijs, Senior Investment Analyst bei NN IP. „Durch diese energieeffiziente Lösung hat sich das Unternehmen weltweit eine führende Position bei Solaranlagen auf Wohnhausdächern erarbeitet. Die Technologie ist außerdem skalierbar, so dass SolarEdge auch schnell Anteile am kommerziellen Markt hinzugewonnen hat und in diesem Jahr auch in den Markt für Großversorger eintreten will.“ Die Global Sustainable Equity-Strategie von NN IP hat seit 2016 in SolarEdge investiert, die Global und die European Sustainable Equity Strategien sowie die Impact Equity Strategien von NN IP haben das Unternehmen in ihren Portfolios.
Windenergie ist ebenfalls ein Bereich mit starkem Wettbewerb, die meisten Turbinenhersteller haben in den Jahren 2018 und 2019 lediglich niedrige einstellige oder sogar negative Margen erzielt. NN IP rechnet für 2020 mit einer Margenerholung, da sich die Preise stabilisiert haben und die Marktstruktur nach mehreren Fusionen und Übernahmen günstiger sein sollte. Zudem prognostiziert NN IP für Offshore-Windparks eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 15% im kommenden Jahrzehnt. Dadurch wachsen auch die Umsätze in der Wartung. Dieses rasch wachsende Segment ist für Marktführer wie Siemens Gamesa attraktiv.
„Siemens Gamesa dürfte mit seinen Onshore-Turbinen in den kommenden beiden Jahren aufgrund des sinkenden Preisdrucks und Kosteneinsparungen wieder höhere Margen erzielen“, meint Tijs. „Bei Offshore-Windturbinen und Wartung, die zusammen rund 90% des Gewinns vor Zinsen und Steuern des Unternehmens ausmachen, sind die Margen bereits solide.“
Hersteller von elektrischen Anlagen dürften von der Energiewende ebenfalls profitieren, da die Netzkapazitäten ausgebaut und die Netze intelligenter gestaltet werden müssen. Interessant sind hier Hersteller von intelligenten Stromzählern (Smart Meters) wie Landis + Gyr, zumal der Einbau von Smart Meters staatlich gefördert wird. Landis + Gyr hat in den vergangenen Jahren einen höheren Cash Flow Return on Investment CFROI erwirtschaftet als seine Wettbewerber.
„Landis + Gyr erzielt in Nordamerika hohe Margen, wo ein großer Teil des Umsatzes auf hoch rentable Software- und Netzdienstleistungen entfallen“, erläutert Tijs. „In Europa waren die Margen in der Vergangenheit geringer, sind jedoch 2019 deutlich gestiegen. Das schlägt sich auch in der guten Aktienkursentwicklung des Unternehmens im Jahr 2019 nieder.“
Der traditionelle Energiesektor wird über weite Strecken zu den Verlierern der Energiewende gehören. Seit dem Ölpreisrückgang vor fünf Jahren kann der Energiesektor im Schnitt seine Kapitalkosten nicht mehr decken. Bei regenerativen Brennstoffen sieht NN IP jedoch Chancen.
„Die Aktie von Neste Oil hat deutlich besser abgeschnitten als der Energiesektor insgesamt, da sich das Unternehmen auf regenerative Brennstoffe konzentriert und dort attraktive Eigenkapitalrenditen erzielt“, so Tijs. „Regenerativer Diesel reduziert die CO2-Emissionen im Vergleich zu traditionellem Diesel um 50 bis 90%. Weil er aus nachhaltigeren Rohstoffen hergestellt wird (vor allem Abfall und Überreste wie tierische Fette oder gebrauchtes Speiseöl), steigen auch die Margen im Zuge staatlicher Anreize zur CO2-Einsparung.“ Neste investiert zudem in eine neue Raffinerie in Singapur, wodurch seine globalen Kapazitäten bis 2023 um 50% auf 4,5 Mio. Tonnen erweitert werden.
„Anleger müssen auch im Wachstumsmarkt erneuerbare Energien sektorspezifische Stolpersteine im Blick behalten. Dann sind sie in einer optimalen Position, um von der Energiewende zu profitieren“, erläutert Tijs. „Außerdem können sie so sicher sein, dass ihr Kapital dazu beiträgt, die Folgen des Klimawandels abzumildern und eine nachhaltigere Welt zu schaffen.“
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(Foto: Oskar Tijs © NN IP)