Nachdem die Niederlande, Schweden, Deutschland und Ungarn im Jahr 2020 erstmals grüne Staatsanleihen emittiert haben, ist Italien das nächste Land, das eine grüne Staatsanleihe auflegt. Die italienische Regierung emittierte am 3. März 2021 ihre erste grüne Anleihe über einen Betrag von 8,5 Mrd. EUR und einer Laufzeit von 24 Jahren. Obwohl Italien regelmäßig grüne Anleihen emittieren dürfte und sich verpflichtet hat, den Markt für grüne Anleihen regelmäßig zu nutzen, plant das Land nicht, dem Beispiel Deutschlands zu folgen und eine vollständige grüne Zinskurve aufzubauen.
Bei dieser ersten Green-Bond-Emission hat Italien sechs Kategorien für die Verwendung der Erlöse festgelegt: Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Verkehr, Vermeidung und Bekämpfung von Umweltverschmutzung und Kreislaufwirtschaft, Schutz der Umwelt und der Biodiversität sowie Forschung. In einem Gespräch mit NN Investment Partners (NN IP) vor der Emission wurde bestätigt, dass rund 90% der Anleihe in die Bereiche Transport, Energieeffizienz sowie Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt fließen werden.
Nach dem Staatsanleihen-Boom in Europa im vergangenen Jahr, bei dem auch eine nachhaltige Anleihe von Luxemburg ausgegeben wurde, die sowohl grüne als auch soziale Projekte finanziert, ist Italien nun das zehnte europäische Land, das eine grüne Anleihe emittiert.
„Wir sind überzeugt, dass dies ein wichtiger Meilenstein für den Green-Bonds-Markt ist, da Treasury-Portfolios in großem Umfang in italienische Staatsanleihen investieren“, sagt Bram Bos, Lead Portfolio Manager Green Bonds bei NN Investment Partners. „Der Markt für grüne Anleihen wächst immer schneller und der deutliche Emissionsanstieg von Staatsanleihen gibt mehr Investoren die Möglichkeit, ihre Fixed-Income-Portfolios zu ökologisieren. Wir haben eine Phase erreicht, in der es ein logischer und gangbarer Schritt ist, Teile eines regulären Staatsanleihen-Portfolios durch grüne Staatsanleihen zu ersetzen. Der Markt für Staatsanleihen ist diversifizierter geworden und wird weiter wachsen. Es wird erwartet, dass Länder wie Spanien, Großbritannien und Singapur im Laufe des Jahres erste grüne Anleihen begeben werden.“
Als EU-Land verpflichtete sich 2019 auch Italien bis 2050 CO2-Neutralität zu erreichen, um das 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens einzuhalten. Im Februar 2021 kündigte der neue Premierminister Mario Draghi an, dass der Klimawandel im Mittelpunkt seiner Pläne für Italien stünde und sagte, dass seine Regierung beabsichtige, erneuerbare Energien und die Produktion von grünem Wasserstoff zu fördern. Es ist interessant, dass dieses Green-Bonds-Rahmenwerk die Zusage für erneuerbare Energien und Wasserstoff nicht widerspiegelt, sondern es als kleinste Kategorie der Allokation aufführt.
„Italien hat sich bemüht, alle seine Green-Bonds-Kategorien an der EU-Taxonomie hinsichtlich der Klimaschutzkriterien auszurichten“, sagt Isobel Edwards, Green Bond Analyst at NN Investment Partners. „Wir begrüßen dies, hoffen aber, dass die ‚Do no significant harm‘-Kriterien für alle Aktivitäten berücksichtigt werden, so wie in den technischen Kriterien der EU-Taxonomie für jede Branche vorgesehen. Da dies bedauerlicherweise nicht im Green-Bond-Rahmenwerk vor der Emission berücksichtigt wurde, hoffen wir, dass es im Impact Report erläutert wird. Schließlich ist die ‚Do no significant harm‘-Prüfung eine der wichtigsten Säulen, die der EU-Taxonomie und dem EU Green Bond Standard zugrunde liegen.“
Italien war jahrelang ein großer Erdgasimporteur, da der Erdgasverbrauch des Landes das 1,5-fache der Gesamtreserven beträgt. Im Gegensatz zu einigen anderen italienischen Emittenten gehört Erdgas im Regelwerk der grünen Staatsanleihe nicht zu den förderfähigen Aktivitäten. NN IP hofft, dass dies eine strategischere Verschiebung signalisiert, um den Erdgasanteil im Energiemix des Landes in den kommenden Jahren zu reduzieren.
Der „Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt“ ist eine wichtige Kategorie im Rahmenwerk. Biodiversität und Flächenschutz sind von entscheidender Bedeutung. Nicht nur, weil sie für mehr Belastbarkeit gegenüber zukünftigen extremen klimatischen Wetterereignissen sorgen, sondern auch, weil renaturierte Landschaften mit hohem Kohlenstoffgehalt und reicher Biodiversität wirkungsvollere Kohlenstoffsenken sein können und daher Vorteile bei der Reduzierung von Emissionen bieten.
Offen bleibt die Frage nach der Berücksichtigung der maritimen Infrastruktur im Green-Bonds-Rahmenwerk. Dies ist Teil eines größeren Plans Italiens zur Entwicklung seines Seefrachtnetzes. Da sich die Schifffahrtsindustrie noch nicht auf Transformationskurs befindet, der mit dem 1,5°C-Ziel vereinbar ist, rät NN IP, die vorhandenen Vorgaben der EU-Taxonomie für die Schifffahrt und die maritime Infrastruktur als Grundlage für alle künftigen Pläne im Zusammenhang mit der Seefracht zu nutzen.
NN IP beobachtet zunehmend, dass Bergbau von den Green-Bonds-Rahmenwerken der Emittenten ausgeschlossen wird. Und Italien ist da keine Ausnahme. Es ist verständlich, dass Emittenten das Gefühl haben, dass sie in diesen Branchen keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen treffen können, um zuverlässige Umweltstandards zu garantieren. Allerdings werden in Zukunft mehr Metalle und Mineralien benötigt, insbesondere Seltenerdmetalle, da diese für erneuerbare Technologien wie Batterien für Elektrofahrzeuge benötigt werden. Es ist entscheidend, hier zu investieren und eine Möglichkeit zu finden, diese nachhaltig zu gewinnen und zu recyceln, um die Entwicklung zu einer grünen Wirtschaft voranzutreiben. Emittenten sollten sich nicht scheuen, in diesem Bereich ehrgeizig zu sein und nach Lösungen für einen grünen Bergbau zu suchen.
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Foto: Bram Bos © NN Investment Partners