Anlässlich der UN-Gipfelwoche zu Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung, die letzte Woche in New York stattgefunden hat, erläutern die zwei Federated Hermes Experten Aaron Hay und Will Pomroy, wie sie sich in ihren SDG Engagement Equity- und SDG Engagement High Yield Credit-Teams auf unterschiedliche Weise den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (kurz SDG) widmen, um so eine nachhaltigere Zukunft zu schaffen.
Aaron Hay, Lead Engager, SDG Engagement High Yield Credit im internationalen Geschäft von Federated Hermes:
Ziel 13 – Maßnahmen zum Klimaschutz
Der Klimawandel ist für viele Firmen, mit denen wir zu tun haben, ein systemisches Risiko. Er manifestiert in physischen und Übergangsrisiken, bietet aber ebenso geschäftliche Chancen. Als prominentes Thema unseres gesamten Portfolios und angesichts der Dringlichkeit, die bei seiner Bekämpfung geboten ist, hat er unsere Dialoge rund um Umwelt in der ersten Jahreshälfte 2020 beherrscht. In Bezug auf den Klimawandel sind wir 107 Mal zu insgesamt 169 Themen und Zielen, die auf Unternehmensebene konkret identifiziert wurden, auf Unternehmen zugegangen. Neben unserem Einsatz für Klimathemen, die im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung stehen, favorisieren wir bewusst aktive Dialoge mit Unternehmen in jenen Sektoren, in denen Klimathemen das größte geschäftliche Risiko bergen, wie die Branchen Energie, Automotive und Grundstoffe.
Wir sind beispielsweise der Ansicht, dass der Aluminiumhersteller Alcoa als Großverbraucher von Energie und Wärme für seinen Verhüttungs- und Raffineriebetrieb eine Führungsrolle einnehmen könnte, indem das Unternehmen zur Senkung seiner Emissionen auf Ziele setzt und diese bestätigt, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Alcoa strebt derzeit an, mit einem Produktionsmodell, das bereits zu den CO2-effizientesten seines Wirtschaftszweiges zählt, bis 2030 seinen Energieverbrauch zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken und seine Scope-1- und Scope-2-Emissionen um 20 Prozent zu reduzieren. Wir sind überzeugt, dass das Unternehmen die Möglichkeit hat, seine Ziele mit denen des Pariser Übereinkommens in Einklang zu bringen, die Erderwärmung auf unter 2 °C zu begrenzen. Es wäre zudem der erste Aluminiumproduzent, der diesen Weg beschreitet. Wir gehen davon aus, dass durch weitere Bemühungen im Kontakt mit anderen Bergbau- und Metallfirmen in diesem Jahr vergleichbare Dekarbonisierungsziele verabschiedet werden können, die einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Ziel 11 – Nachhaltige Städte und Gemeinden
Banken unterliegen dem Druck verschiedener Interessengruppen, die über ihre traditionelle Anlegerbasis hinausgehen. Neben den Herausforderungen, die sich verändernde regulatorische Anforderungen mit sich bringen, entwickelt sich seitens der Gesellschaft und der Anleger auch das Erwartungsspektrum hinsichtlich der gesellschaftlichen Funktion der Banken laufend weiter. Banken schaffen hochwertige Arbeitsplätze und fungieren als systemische Finanzierer von Wertschöpfung - Konsum und Geschäftstätigkeit. Gleichzeitig stehen sie jedoch unter erheblichem Druck, sorgfältig mit ihren sozialen und ökologischen Auswirkungen umzugehen.
Eine sozial integrative, zielgerichtete Finanzierung bereitzustellen, entwickelt sich für Banken zum Gebot der Stunde. Doch die praktische Umsetzung dieses Anspruchs birgt eine komplexe Herausforderung. So standen wir beispielsweise im engen Dialog mit Barclays.
Die Bank könnte unserer Ansicht nach Kapital bereitstellen, um positive sozioökonomische Ziele zu erreichen. Im Vereinigten Königreich zählen dazu die Finanzierung kommunaler und CO2-armer Infrastruktur, Energiesparmaßnahmen für Wohngebäude und Darlehen oder Handelsfinanzierung für emissionsarme KMU-Geschäftsmodelle, die eine neue Generation von Arbeitsplätzen schaffen. Diese Beispiele können für die Menschen und Gemeinden, die Barclays Umsätze bescheren, greifbare Vorteile bedeuten.
Für uns war es ermutigend zu sehen, dass Barclays solch positive Maßnahmen ergreift. Die Bank misst den Wert ihrer sozial integrativen und „grünen“ Finanzierungsangebote und Produkte, veröffentlicht Berichte zum Fortschritt bei verschiedenen nachhaltigen Entwicklungszielen und räumt das Fehlen branchenweiter Rahmenwerke zur Definition von Green-Finance-Angeboten ein. Unserer Ansicht nach kann Barclays auf diesem positiven Weg weiter voranschreiten, seine eigene Definition dessen, was diese geschäftlichen Strategien beinhalten, verfeinern und zeigen, wie sie durch das Ergreifen von Chancen eine messbare Wirkung erzielen konnten. Barclays könnte zudem den Bankensektor dazu animieren, solide, vergleichbare und transparente Standards und Benchmarks für solche Aktivitäten zu entwickeln. Nachdem wir die Bank nachdrücklich zur Finanzierung des Übergangs hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft ermutigt hatten, waren wir sehr erfreut zu erfahren, dass Barclays bei der diesjährigen Hauptversammlung den Plan verabschiedet hat, bis 2050 eine klimaneutrale Bank zu werden.
Will Pomroy, Lead Engager, SDG Engagement Equity im internationalen Geschäft von Federated Hermes:
Ziel 8 – Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
Wenn es um langfristige Lösungen für die zunehmende Arbeitslosigkeit geht, stellt die Privatwirtschaft, die in den Entwicklungsländern 90 Prozent aller Arbeitsplätze zur Verfügung stellt, einen exzellenten Ausgangspunkt dar. Die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze ist für Unternehmen das wichtigste Mittel im Kampf gegen die Armut und zur Förderung eines gerechten Wirtschaftswachstums. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie verdeutlichen das umso mehr, da bestimmte Bevölkerungsschichten schwerer betroffen sind als andere.
Abgesehen von der Arbeitslosigkeit gewinnt auch das Thema faire Bezahlung in vielen Märkten an Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die als ungerecht empfundene Bezahlung von Führungskräften. Entsprechend gängig dürfte die Offenlegung der Vergütungsverteilung in der europäischen Geschäftsberichterstattung werden. Dieser Fokus auf gerechte Vergütung und die Löhne der Menschen auf der untersten Ebene haben dazu geführt, dass Unternehmen in Großbritannien, Kanada, den USA und Teilen Asiens freiwillig oder unter einem gewissen Zwang höhere Mindestlohnstandards einführten.
Wir stehen weiterhin in intensivem Austausch mit allen Unternehmen in unserem Fonds und möchten sie dazu ermutigen, Maßnahmen zu ergreifen, die ihr Verständnis für die finanziellen Bedürfnisse ihrer Arbeitskräfte vergrößern und diese entsprechend unterstützen.
Zumeist befinden sich die Arbeitskräfte mit der schwächsten Position quasi unsichtbar am unteren Ende komplexer internationaler Lieferketten. Der schwedische Hersteller Trelleborg bezieht Naturkautschuk als Grundmaterial für seine Landwirtschaftsreifen. Wir haben mit dem Unternehmen intensiv über die Entwicklung einer nachhaltigen Naturkautschuk-Einkaufspolitik gesprochen, die der Notwendigkeit nachkommt, die Entwaldung zu reduzieren sowie die Einkünfte und Arbeitsbedingungen der Landwirte am unteren Ende der Wertschöpfungskette zu verbessern. Dieses Ziel berücksichtigt die Tatsache, dass 85 Prozent des Naturkautschuks von rund sechs Millionen Kleinbauern produziert werden. Häufig können Kleinbauern den Kautschukzapfern kaum einen Mindestlohn zahlen, geschweige denn einen existenzsichernden Lohn. Es liegt auf der Hand, dass ein Ausbleiben existenzsichernder Löhne ein Risiko für die Nachhaltigkeit der Wertschöpfungskette als Ganzes darstellt und gemeinsames Handeln notwendig ist. In diesem Zusammenhang war die Gründung der Global Platform for Sustainable Natural Rubber im vergangenen Jahr ein wichtiges Signal, die Vertreter der Zivilgesellschaft mit Produzenten, Verarbeitern, Händlern und Reifenherstellern zusammenführt.
Ziel 5: Geschlechtergleichheit
Japan weist eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten weltweit auf und in der Kultur des Landes ist Arbeitsdisziplin besonders stark verwurzelt – so sehr, dass es im Japanischen sogar einen speziellen Begriff für Tod durch Überarbeitung gibt: Karoshi. Dennoch sind Frauen auf dem Arbeitsmarkt deutlich unterrepräsentiert und häufig unzureichend ausgelastet.
Zwar werden inzwischen Fortschritte erzielt, doch Japan hat seinen Talentpool an weiblichen Arbeitskräften nie vollständig ausgeschöpft. Kulturelle Stereotypen und fehlende Kinderbetreuung führen dazu, dass beinahe die Hälfte aller Frauen ihren Beruf nach Geburt des ersten Kindes aufgeben. Frauen verdienen in Japan durchschnittlich 25 Prozent weniger als Männer. Damit hat Japan das dritthöchste geschlechtsspezifische Lohngefälle unter den OECD-Ländern.
Aktuell sind im Land vor allem Frauen von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen. Der Großteil der verlorenen Arbeitsplätze sind befristete oder Teilzeitstellen und in dieser Kategorie ist der Anteil an Frauen überproportional hoch. Einer Regierungsumfrage zufolge ging die Zahl der Frauen in befristeten oder Teilzeitstellen zwischen März und Juli um 880.000 zurück.
Vor diesem Hintergrund sind wir der Ansicht, dass Unternehmen bei Einstellungen mehr wagen sollten. Wir möchten Unternehmen ermutigen, ihre Arbeitnehmerleistungen mittels innovativer Konzepte zu reformieren und eine verbesserte Inanspruchnahme sicherzustellen, indem sie ihre Angebote so gestalten, dass Frauen produktiv arbeiten können.
Bei den Unternehmen in unserem Portfolio konnten wir bereits erfreuliche Initiativen beobachten, jedoch gibt es überall noch viel Spielraum für dringend benötigte ehrgeizige Ansätze. Beispielsweise verfolgt Nissan Chemical das Ziel, 30 Prozent seiner Absolventenstellen mit Aufstiegsperspektive künftig mit Frauen zu besetzen und die Bandbreite an Positionen, die Frauen angeboten werden, in sämtlichen Abteilungen auszuweiten. Der Lebensmitteleinzelhändler Yaoko Co. hat einen speziellen Vier-Punkte-Aktionsplan eingeführt, um die Einstellung, Beförderung und Karriereentwicklung stellvertretender Filialleiterinnen zu unterstützen.
www.fixed-income.org
Foto: Aaron Hay © Federated Hermes