Infrastruktur und erneuerbare Energien gewinnen in institutionellen Portfolios eine immer größere Rolle. Im Dezember findet die Auktion der Vergaberechte für den Bau und Betrieb von insgesamt 1.959 Kilometern Hochspannungsleitungen in Brasilien statt. Die Auktion hat ein erwartetes Volumen von 7,2 Mrd. brasilianische Real (etwa 1,12 Mrd. Euro) und richtet sich an nationale und internationale Investoren. Wir haben mit Roberto Escoto, Investment Manager bei der brasilianischen Agentur für Handels- und Investitionsförderung (Apex-Brasil) über die Auktion und die Bedeutung von erneuerbaren Energien für Brasilien gesprochen.
GREEN BONDS: Welche Bedeutung haben erneuerbare Energien für den Energiemix in Brasilien und welchen Trend gibt es?
Escoto: Erneuerbare Energien sind im brasilianischen Energiemix äußerst wichtig. Nach Angaben des brasilianischen Energieforschungszentrums (EPE) stammen derzeit über 80% unseres Stroms mit einer installierten Leistung von insgesamt 176 GW aus erneuerbaren Quellen. Brasilien zählt damit zu den Ländern mit dem saubersten Energiemixen weltweit. Im Jahr 2029 werden laut EPE erneuerbare Energien einen Anteil von rund 80% am Energiemix in Brasilien haben. In Brasilien werden erneuerbare Energien in den kommenden Jahren und Jahrzehnten für den Energiemix von wesentlicher Bedeutung sein.
GREEN BONDS: Welche erneuerbaren Energiequellen sind am wichtigsten?
Escoto: Derzeit macht Wasserkraft 58% der brasilianischen Stromerzeugung aus, während Biomasse, Wind und Sonne einen Anteil von 11%, 9% bzw. 2% haben. Im Jahr 2029 werden diese Energiequellen einen Anteil von 42%, 10%, 16% bzw. 8% haben. Basierend auf dieser Prognose steigt die Bedeutung von Wind- und Sonnenenergie sehr deutlich. Dieses Wachstum ist keine Überraschung: Solar- und Windenergie sind sehr wettbewerbsfähig. In Bezug auf die Windenergie hat Brasilien mit einem Durchschnitt von über 40% einen der höchsten Kapazitätsfaktoren weltweit und Windenergie hatte in Lateinamerika in den letzten zehn Jahren die höchste Wachstumsrate. Schließlich sind alle Möglichkeiten zur Stromerzeugung in unserem Land – Auktionen, PPAs und Net Metering – wichtige Treiber für das Wachstum dieser beiden Energiequellen.
GREEN BONDS: Welchen Anteil des Stroms produzieren Sie im Land?
Escoto: Derzeit hat Brasilien Stromverbindungen mit Paraguay, Argentinien, Uruguay und Venezuela. Dies bedeutet, dass Brasilien Strom aus und in diese Länder exportieren und importieren kann. Nach Angaben des nationalen Systembetreibers exportiert und importiert Brasilien ungefähr 2% der gesamten Stromerzeugung. Somit ist unser Land in Bezug auf die Stromerzeugung unabhängig.
GREEN BONDS: Welchen Anteil haben ausländische Investoren an der Auktion für die Hochspannungsleitungen und aus welchen Ländern kommen diese?
Escoto: Die Bedeutung ausländischer Investoren bei den Auktionen für das Hochspannungsnetz hat zugenommen, etwa 20% der Investoren kommen aus dem Ausland. Investoren kommen beispielsweise aus Spanien, Frankreich, Italien, der Schweiz, China und Indien. Abschließend möchte ich erwähnen, dass das Ministerium für Bergbau und Energie über die Verordnung 279/2020 vier weitere Auktionen für das Hochspannungsnetz angekündigt hat, die im Juni und Dezember 2021 und 2022 stattfinden sollen. Die Auktionen stellen nicht nur hervorragende Investitionsmöglichkeiten für ausländische Investoren im brasilianischen Energiemarkt dar, sie bestätigen auch den Trend, dass der Privatsektor in den kommenden Jahren einen größeren Anteil in der brasilianischen Wirtschaft haben wird.
GREEN BONDS: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
Foto: Roberto Escoto © Apex-Brasil