Im Zuge der Pandemie ist die Bedeutung von ESG-Anleihen gegenüber ESG-Aktien, deren Halter über den Abstimmungsmechanismus direkt Unternehmen beeinflussen können, gestiegen. Zunehmend rücken grüne, soziale, nachhaltige Anleihen sowie sogenannte Sustainability-Linked Bonds (SLBs) in den Fokus der Anleger, erläutert Thilo Wolf, Deutschland-Chef von BNY Mellon Investment Management:
„Die Finanzmärkte haben mit den unterschiedlichen fiskalpolitischen Maßnahmen der Regierungen bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie eine Art Regimewechsel vollzogen. Anders als durch die lockere Geldpolitik der Zentralbanken dürften sich fiskalische Anreize als direkteres und wirksameres Mittel zur Schaffung von Wachstum erweisen, auch wenn viele Projekte eine lange Vorlaufzeit haben könnten. Das steigende Bewusstsein für den Klimanotstand, das durch die wissenschaftliche Forschung untermauert wird, dient als Katalysator für eine umweltfreundliche Politik.
Die von den nationalen und subnationalen Regierungen bewilligten Finanzmittel zur Förderung eines umweltfreundlichen Wirtschaftsaufschwungs belaufen sich auf 949 Mrd. US-Dollar (Quelle: Bloomberg New Energy Finance, April 2021). Die Initiativen beschränken sich dabei nicht auf die Umweltagenda: Aufgrund von Covid-19 und der Notwendigkeit, "grüne" Arbeitsplätze zu schaffen und regionale Unterschiede auszugleichen, ist der gesellschaftliche Aspekt deutlich in den Vordergrund gerückt. Diese Entwicklung lenkt die Aufmerksamkeit auf grüne, soziale, nachhaltige und die neuen Sustainability-Linked Bonds.
Grüne Anleihen wurden bereits 2007 von der Europäischen Investitionsbank und der Weltbank emittiert. Seit Oktober 2020 gibt es auch Sustainability-Linked Bonds. Im Unterschied zu Green Bonds, die ausschließlich für nachhaltige Projekte eingesetzt werden, ist bei SLBs der Verwendungszweck frei. Die Höhe der Finanzierungskosten hängt jedoch davon ab, ob der Emittent die vorher definierten Nachhaltigkeits-/ESG-Ziele erreicht. Dieses Segment ist attraktiv, weil die gestellten Leistungsanforderungen (Key Performance Indicators – kurz KPIs) den Kreis der in Frage kommenden Emittenten erweitern und auch diejenigen Unternehmen ansprechen, die ein nachhaltigeres Profil erst entwickeln wollen. Die durchgeführten Projekte der Emittenten werden aber stärker kontrolliert, um Sanktionen bei Nichteinhaltung der KPIs zu verhindern.
Diese Ausdifferenzierung des Marktes hat handfeste Gründe: In einer kürzlich durchgeführten Studie stellte MSCI fest, dass hypothetische Portfolios, die aus Emittenten mit höherem ESG-Rating zusammengestellt wurden, stärkere Cashflows, ein geringeres systematisches Risiko und weniger unsystematische Risiken aufweisen als Portfolios, die aus Emittenten mit niedrigerem ESG-Rating zusammengesetzt waren (Quelle: MSCI 5. Februar 2021). Und das europäische Kreditforschungsteam von JP Morgan stellte einen signifikanten Unterschied bei den Finanzierungskosten zwischen Unternehmen mit dem besten und dem schlechtesten ESG-Rating fest (Quelle JP Morgan 8. Februar 2021). Es ist kein Zufall, dass die schwächsten Emittenten in der Regel niedrigere ESG-Ratings aufweisen, wie die jüngste Herabstufung des Öl- und Gassektors durch Standard & Poor's aus ESG-Gründen beweist.“
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Foto: Thilo Wolf © BNY Mellon Investment Management